|
Beitrag aus den Malkastenblättern Vereinszeitschrift des Künstlervereins Malkasten KVM Düsseldorf 12 / 1990
Düsseldorfer Kulturwunschzettel Warten auf den Weihnachtsmann
Während die Kulturbanausen den Unverbesserlichen (hier synonym für Kulturschaffende) "gute Besserung" wünschen, und damit die Krätze an den Hals, sind die Kulturoptimisten naturgemäß wunschlos glücklich, und die Kulturpessimisten naturgemäß wunschlos unglücklich. Die Querulanten wünschen sowieso nicht, sie finden (frei nach Picasso). Die Düsseldorfer Kunstszene hingegen wünscht, es gäbe sich. Die Kunstkonsumenten haben, was sie brauchen, die Kunstschickeria braucht, was sie kriegen kann. Beide jedoch, sofern nicht identisch, wünschen sich neue Terminkalender und Visitenkärtchen und gegebenenfalls einen neuen Coiffeur / Chauffeur / Souffleur (je nach wem). Die Mäzene wünschen viel Erfolg, die Sponsoren wünschen prägnantere Firmensignets. Sammler wünschen sich ein paar neue Wände, Kunstliebhaber wünschen sich Kunst zum liebhaben. Kunsttheoretiker wünschen sich praktisch schon lange, daß mehr gedacht und weniger gemalt wird. Manch einer von ihnen brütet noch über seinem Wunschzettel, andere legen das Wunschschreiben aus den Vorjahren in überarbeiteter Fassung vor. Die Düsseldorfer Künstlervereine hatten einmal drei Wünsche frei - der Wunschzettel soll im Fundament des alten Kunstpalastes eingegossen worden sein. Man sucht bald danach. Derzeit wünschen sie sich mehr Resonanz. Der Kunstverein wünscht sich mehr Rasanz. Wer wünscht sich - pardon - was wünscht sich Herr Ranz ? Oberstadtdirektor Ranz wünscht sich entsprechende Fragen vor seine Antworten. Der Kulturdezernent wünscht allen alles, alles Gute. Der Rat wünscht, unterrichtet zu werden. So mancher Bürger wünscht, der Rat wäre es. Die Fraktionen wünschen sich derweil eins nach dem anderen, und das am besten auf einmal. Die Presse wünscht sich gute Kritiker, die sich wiederum eine gute Presse wünschen, und viele viele Wunschvorstellungen, über die man sachlich berichten kann. Die Kunstakademie wünscht sich Akademiekünstler, die wiederum auf gar keinen Fall akademische Kunst wünschen. Herr Lüpertz wünscht sich vielmehr einen italienischen Maßanzug. Ansonsten läßt er wünschen. Herr Immendorf wünscht prinzipiell nicht, Herr Immendorf will. Immerhin: Er läßt damit einiges zu wünschen übrig. Die Galerien haben über Weihnachten sowieso geschlossen und wünschen schöne Feiertage. Alles andere ist Geschäftsgeheimnis. Die Sache mit der Wünschelrute war eher ein Gerücht, das nach der Kunstmesse "Forum" aufkam. Der Malkasten wiederum weiß gar nicht, was er sich zuerst wünschen soll. Zwar heißt es, der Ausstellungsausschuß wünscht weniger Ausschuß bei den Ausstellungen. Und der Schatzmeister wünscht sich ein bestimmtes Buch von Stephenson. Festzustehen scheint, daß sich die Künstler als Ordentliche Mitglieder wünschen, sie wären ganz außerordentlich, während die Außerordentlichen Mitglieder wünschten, sie hießen nicht so, weil sie doch so ordentlich sind. Der Vorstand wünscht sich einen Weihnachtsmann. Der Vorsitzende wünscht sich, daß die Mitglieder ihm vertrauen. Die Künstler wünschen sich ein neues Schaukelpferd.
aus dem Textmenue links Hier geht's zurück zur Textstartseite
|