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Beitrag aus den Malkastenblättern Vereinszeitschrift des Künstlervereins Malkasten KVM Düsseldorf 2 / 1990
Was können uns Bienen schon sagen? Von Künstlern und anderen Tieren
Bei genauerer Untersuchung der Fragestellung lassen sich denn auch eine Vielzahl von Hinweisen ausmachen, die auf eine anscheinend tief verborgene Dialektik hinweisen. Das W a s dessen, das uns der Künstler sagen will, korrespondiert dabei lediglich aufgrund seiner syntaktischen Stellung mit dem Begriff s a g e n. Wobei auch die zunächst augenfällige Konjunktion der Begriffe K ü n s t l e r und w o l l e n kaum zusammenhängend erscheint, und schon gar nicht mit dem kunstheoretischen Terminus des Kunstwollens verwechselt werden sollte. Als entscheidender kristallisieren sich die Begriffe u n s, als präpositionale Herstellung der Gemeinsamkeit von Kunstkonsumenten in Abgrenzung zu Künstlern als Tätern, und das adverbialdeterministische d a m i t heraus, welches wiederum als Distanzierung gegenüber einem zunächst nicht weiter determinierten Objekt (Objektivation !) mit dem w a s Kontakt aufzunehmen scheint. Sehr aufschlußreich schließlich erscheint das Fragezeichen, das hinter jedem der in dieser Untersuchung analysierten Begriffspaare steht: Künstler wollen ? - Was sagen ? - Uns damit ? Synthetisiert man diese empirischen Beobachtungen zu einer sprachlich wie grammatikalisch einigermaßen akzeptablen Form, so lautet die eigentliche Bedeutung der eingangs genannten Fragestellung im Grunde genommen: "Was ? Damit etwa will der Künstler uns was sagen ?" Angesichts einer möglichen Sprachverwirrung kann uns (Künstlern) an dieser Stelle der kritische, journalistisch objektivierte Sachverstand weiterhelfen: "Worte verwirren sich, Zeichen werden mißverstanden. Dem Intellekt fällt da eine wichtige Aufgabe zu. Das mag jedoch für Maler schwierig sein, die auf optische Eindrücke angewiesen sind." ( Dr. Helga Meister in der Westdeutschen Zeitung "WZ", Düsseldorf) Was will uns eine Journalistin damit sagen? Sollte man es tatsächlich den Künstlern überlassen, was sie uns mitzuteilen bereit oder in der Lage sind? Nein - angesichts einer gesamtkulturellen Verantwortung ist die Frage, ob das Huhn oder nun das Ei zuerst gewesen ist eher nebensächlich. Entscheidender ist vielmehr das Gesamte, das Omelette gewissermaßen, das heißt, wer haut die Eier zuerst in die Pfanne? Künstler? Museumsdirektoren? Galeristen, Journaillen? Auch gesellschafts- und arbeitsmarktpolitisch sollten die Künstler hier ihre Verantwortung erkennen - und wie bisher Zurückhaltung üben. Arbeitsteilung eben: Was Kunst ist, das bestimmt nicht der Maler, sondern: L'Art c'est Toi! Oder wie es Meister-haft in der Westdeutschen Zeitung zu lesen war: "Was nicht gezeigt und nicht in den Medien besprochen wird, das existiert als Kunst nicht." Aha. Jetzt wissen wir schon mehr. Nebenbei: Daß dieses Zitat in der WZ als "Publikumsäußerung" gekennzeichnet ist, würde selbst ein schwedisch sprechender Ungar bei türkischem Mokka in einem spanischen Restaurant gegenüber seinem italienischen Tischnachbarn auf gut deutsch als "sophisticated" bezeichnen. Naja. Jetzt wissen wir schon wieder weniger.
Doch heißt es in der Westdeutschen Zeitung in erwähntem Zusamenhang weiter: Es lassen sich interessante Parallelen ziehen angesichts solcherart rheinisch-journalistischem Scharfsinns, den Hans Dieter Hüsch treffgenau auf den ebenda entsprungenen Merksatz bringt: "Fünf Diakonissen töten ein Pferd." Hundertprozentig. Toxisch irgendwie. Medizinisch. Ähnlich könnte es heißen: Ein Kern ohne Frau Curie ist weich, weil außen rauh, weiß doch jeder. Und ohne Spaltung wie eine Gedicht von Petrarca (ich begrüße damit die Lyriker unter den Kernphysikern). Doch das Leben sieht anders aus. Summa summarum: Wenn alles nicht so wäre, wie es ist, dann könnte es auch anders sein. Oder andersrum genauso. Aha. Auf die sprichwörtlich dummen Fragen kommen so gesehen eben auch oft ganz bestechende Anworten. Ja natürlich waren es Hornissen und nicht die Diakonissen, jaja. Und die Künstler treiben es halt wie die Bienen, wissen die "Düsseldorfer Hefte": "Nikolaus von Georgi hat mit den Bienen den Fleiß und die Waben gemeinsam.. Georgi ist ein Arbeitstier.. Und da haben die Honigpartikel und die Farben des Künstlers eines gemeinsam.." Aha. Bestechend wie ein Bienenstich. Künstler sind auf das Optische angewiesen. Sie sind Hornissen, Arbeitstiere, sie sind Bienen. Nach alldem scheint sich die Düsseldorfer Kunstkritik vor dem Kunstwerk eine grundlegende Frage neu zu stellen. Und sie lautet: "Was wollen uns die Bienen damit sagen?" Ah ja. Und wer übernimmt die Rolle der Imker? Ist für Bienen selbst, Gott sei Dank, völlig ungeeignet.
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