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Beitrag aus den Malkastenblättern
Vereinszeitschrift des Künstlervereins Malkasten
KVM Düsseldorf 9 / 1990

 

 

Bilder einer imaginären Ausstellung

 
Es ist ein selten besprochenes Phänomen, das im Künstlerverein Malkasten mit den Jahren einen beträchtlichen Umfang angenommen hat. Es geht, wie könnte es in einem Künstlerverein anders sein, um Bilder. Um eine ständige und sich ständig erweiternde Sammlung. Das Besondere an dieser Ausstellung ist, daß ihre Exponate physisch gar nicht existieren, sie aber nichtsdestoweniger vorhanden sind - Kunst ensteht ja im Kopf, wie wir von Wiland Schmid wissen.

Es sind Bilder voller Leidenschaft und von zum Teil großartiger Erfindungsgabe. Zuweilen mit esoterischen Hintergründen, ironischen Bezügen und mit einem gewissen Biß. Bilder aus dem Leben eines Traditionsvereins.

Bei einem Gang durch diese imaginäre Ausstellung lassen sich ihre Exponate in verschiedene Gruppen einteilen. Auf der einen Seite sind es sehr deutsche Bilder, die Tradition haben, weil sie schon oft benötigt wurden. Man könnte sie auch Feindbilder nennen. Die zum Teil großformatigen Arbeiten dieses Genres zeigen je nach Autor unterschiedliche Stilistiken und Provenienzen.

Es gibt expressive und mit furiosem Stakkato gemalte Arbeiten, daneben aber auch filigrane Werke, mit spitzer Feder gestrichelt. Gemeinsam ist vielen dieser Bilder die Darstellung von kleinen Figurengruppen, Versammlungen gleich, die aber dem Auge des Betrachters verborgen bleiben. Der Maler gibt ihnen damit eine zentrale, wenn auch nicht greifbare Position innerhalb einer mehr oder weniger bedrohlichen Gesamtkonzeption.

Die Bildtitel lassen assoziieren, von welcher Programmatik oder welchem künstlerischen Impetus sie geleitet sind: "Die Umfunktionierer" zum Beispiel, oder "Konspiration am Abend", ein sehr beliebtes Motiv. Auch "Die linken Sägemüller" gehören zweifellos zu den herausragenden Feindbildern dieser Abteilung.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Bilder mit einer positiven, bejahenden Ausstrahlung. Auch hier bilden die Titel einen Einstieg in die Thematik. Ein prächtiges Tryptichon mit der mächtigen Mitteltafel "Das war schon immer so". Ihr rechts zugeordnet "Das haben wir noch nie gemacht" und links, wie könnte es anders sein, die Tafel mit dem Titel "Da könnte ja jeder kommen". Gleichsam Maximen einer Position, die das Bewahrende in den Mittelpunkt erhebt, strahlen sie in ihrer klassischen Kompositorik eine durchaus beziehungsreiche Metaphorik aus.

Das Bild "Die Aufnahmeprüfung" wiederum begegnet dem Betrachter mit dem Ausdruck heiterer Ausgelassenheit. Vor der lachenden Aufnahmejury steht ein Kandidat, dem es mit einer pointierten Anekdote gelungen ist, die strenge Beitrittshürde zu nehmen. Freude und Geselligkeit als wesentliche Zweckbestimmungen eines zeitgenössischen Künstlervereins, finden hier Ausdruck und Gestalt.

Relativ neuen Datums ist ein Marinemotiv: Ein Kapitän auf der Brücke eines Vergnügungsdampfers, das Fahrtziel im Visier. Doch während im Kesselraum geheizt wird, läßt man im Zwischendeck Dampf ab.

Das Bild "Corpsgeist mit Florett und Degen" thematisiert die Wünsche nach kameradschaftlicher Verbindung. Die Komposition "Räuberzivilstreife", eine Jagdszene, verweist auf den Kampf um ehrenwerte Tugenden wie Ordnung, Fleiß und Sauberkeit. Vor der Nachwuchsabteilung hängt das Schild "Wegen Restauration geschlossen".

Als verschollen gilt die umfangreiche Sammlung zum Thema "Roß und Reiter". Arbeiten von stiller Verhaltenheit. Schweigsame Bilder sozusagen, die bisher wohl selten einer zu Gesicht bekam. Sie sind gewiß die mit am besten behüteten Schätze in der Sammlung so manch eines Mitglieds im Künstlerverein Malkasten.

 


 

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